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Mythos HIIT

Image by Meghan Holmes

HIIT bedeutet High-intensity Interval Training und ist ein hochintensives Workout, das oftmals als der effektivste Weg, um fitter, stärker und schlanker zu werden, beworben wird.

Die Behauptungen über HIIT, die wir so oft hören, haben ihren Ursprung in einer Studie an Elite-Sportlerinnen und -Sportlern aus den Neunzigerjahren. Deren Ergebnisse können aber gar nicht auf den Durchschnittsmenschen übertragen werden.

Das, was viele Menschen in dem Glauben tun, sie machten gerade HIIT, ist in Wirklichkeit gar kein hochintensives Training, sondern ein „normales“ Kraftausdauertraining. Doch das HIIT-Workout lässt sich besser verkaufen.

Der HIIT-Mythos geht zurück auf eine Studie des japanischen Sport- und Gesundheitswissenschaftlers Izumi Tabata aus dem Jahr 1996. Er führte sie an Elite-Sportlerinnen und Sportlern durch. Die eine Hälfte von ihnen ließ er 60 Minuten lang auf einem Ergometer in die Pedale treten, bei moderater Intensität. Bedeutet: bei 70 Prozent ihrer sogenannten maximalen Sauerstoffaufnahme, also 70 Prozent VO2max.

Der VO2max ist die maximale Sauerstoffmenge, die vom Körper während einer maximalen Ausbelastung aufgenommen werden kann. Die Erhebung der Sauerstoffaufnahmekapazität erfolgt meist durch eine Atemgasanalyse oder auch den Cooper Test, jeweils während einer stufenweise ansteigenden Ausdauerbelastung. Der VO2max ist damit ein Indikator für Kapazität der aeroben (mit Sauerstoff) Energiebereitstellung.

Somit sind 100% des VO2max der Punkt, an dem das aerobe Energiesystem mit voller Kapazität arbeitet. Darüber hinaus übernimmt primär das anaerobe (ohne Sauerstoff) System diese Funktion, was bedeutet, dass Belastungen von über 200% des VO2max hinaus möglich sind.

Die andere Hälfte seiner Testpersonen ließ Tabata ein extrem intensives Training machen, allerdings nur für wenige Minuten. Sieben oder acht Runden lang radelten sie jeweils zwanzig Sekunden bei 170 Prozent ihrer maximalen Sauerstoffaufnahme. Zwischen den Einheiten machten sie je zehn Sekunden Pause. Das Workout dauerte also insgesamt bis zu vier Minuten. An einem Tag pro Woche trat auch diese Hälfte der Testpersonen für eine halbe Stunde bei moderaten 70 Prozent ihrer maximalen Sauerstoffaufnahme in die Pedale.

Beide Gruppen trainierten auf diese Weise an fünf Tagen pro Woche, über einen Zeitraum von sechs Wochen. Am Ende der Studie kam heraus: Die Gruppe, die bei extrem hoher Intensität trainiert hatte, hatte mehr Kalorien verbrannt.

 

Und nun folgt das Problem: Die Ergebnisse sind nicht auf den Durchschnittsmenschen übertragbar. Die 170 Prozent bei der maximalen Sauerstoffkapazität erreicht ein „normaler“, nicht professioneller Sportler gar nicht. Diese Intensität von 170 Prozent VO2max, bei der sie Sport gemacht haben, ist einfach unmöglich für jeden außer einem Elite-Athleten. Um überhaupt in einen solchen Belastungsbereich zu kommen, bedarf es nicht nur einer gewissen Grundfitness sondern vor allem auch Trainingserfahrung. Die meisten Hobbysportler erreichen diese Intensitäten gar nicht – und ob bzw. wie das Tabata-Training mit geringeren Intensitäten wirkt, ist nicht geklärt. Die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer machten das Workout dreieinhalb bis vier Minuten lang, danach konnten sie nicht mehr. Wenn ein HIIT-Kurs also zum Beispiel 45 Minuten dauert, dann ist es kein HIIT!

Du möchtest wissen, wie trainiert die besten 5% der Sportler und Sportlerinnen sind? Mache folgendes Experiment:  Geh ins Fitnessstudio, steig auf ein Laufband, beginne zu laufen und erhöhe die Geschwindigkeit auf 14 km/h. Dann teste wie lange du diese Geschwindigkeit beibehalten kannst. Die besten 5% der Marathon-Läufer schaffen 42,195 km in weniger als 3 Stunden. Das ergibt eine Durchschnittsgeschwindigkeit von mindestens 14 km/h. 3 Stunden am Stück. Ohne Pause. Die besten Läufer der Welt laufen einen Marathon mit etwa 20 km/h in etwas über 2 Stunden.

 

Die meisten Menschen haben weder die aeroben noch die anaeroben Kapazitäten, ihre Herzfrequenz lang genug so hoch zu halten, dass sie hochintensiv trainieren. Was HIIT genannt wird, ist oft einfach nur ein Kraftausdauertraining, meist in Form eines Zirkeltrainings — was okay ist, aber eben kein HIIT.

Weiterhin verwende ich den Begriff der angeblichen „HIIT“-Workouts im Zusammenhang mit bekannten Werbeaussagen und Versprechen, auch wenn damit eher ein Zirkeltrainings im Kraftausdauerbereich gemeint ist.

 

„HIIT“ und der berühmte Nachbrenneffekt:

Das größte Versprechen, was den Fettabbau mit „HIIT“ betrifft, ist der Nachbrenneffekt. Da Zirkeltrainings  – wenn sie denn ordentlich intensiv sind – dazu führen, dass du ziemlich aus der Puste kommst, hast du eine erhöhte Sauerstoffaufnahme. Und die hält über das eigentliche Training hinaus an.

Leider wird der Nachbrenneffekt von diesen Workouts vollkommen überzogen dargestellt. Dies passiert immer wieder in der Fitness-Industrie.

Image by Victor Freitas

Studien werden aus dem Kontext gerissen und (absichtlich) fehlinterpretiert. Minimale Effekte werden gerne hochtrabend als neue Fitness-Revolution gepriesen. So verhält es sich auch mit dem Nachbrenneffekt. Je nach Studie und Trainingsprotokoll kannst du bis zu 100 kcal mehr verbrauchen. Das entspricht etwa anderthalb Äpfeln, einer Scheibe Käse oder einem Glas (0,3 l) Milch. Oh wow!

Dafür musstest du dann aber so schuften, dass du den Rest des Tages höchstwahrscheinlich auf der Couch verbringst und dich gar nicht mehr bewegst. Unterm Strich hast du dann vermutlich noch weniger Kalorien verbraucht, als mit einem „normalen“ Training.

 

Intensives Kraftausdauertraining ist Stress pur:

Stell dir vor, du sollst aus dem Stand und völlig untrainiert einen 1000-Meter-Hürdenlauf hinlegen – schnell würdest du japsend stehen bleiben oder über eine Hürde stürzen. Und genau so geht es unseren Muskeln, Sehnen und Gelenken, wenn sie auf einmal beim Zirkeltraining ungewohnten Belastungen ausgesetzt sind. Durch die hohe Intensität und die damit einhergehende schnelle Ermüdung birgt das Training mehr Verletzungspotential als moderate Einheiten.

Durch die hohen Intensitäten kann es darüber hinaus zu Überlastungen kommen, besonders bei unerfahrenen Sportlern. Bei zu kurzen Regenerationspausen zwischen den Einheiten kann es relativ schnell zum sogenannten Übertrainingssyndrom kommen. Für Anfänger heißt es daher: Hände weg vom intensiven Zirkeltraining!

Das intensive Training stresst dich nicht nur, weil es so anstrengend ist, sondern es stresst auch deinen Körper. Du brauchst eine höhere Erholungskapazität, um dich vom intensiven Zirkeltraining zu regenerieren. Immer mit Vollgas zu trainieren ist nicht gesund.

Wenn du nicht gerade ein Profisportler bist, der sein Leben dem Sport anpassen kann, so wird dein Schlaf und deine Ernährung nicht immer optimal für solche hohen Ansprüche an deinem Körper sein. Und wenn dein allgemeines Stresslevel nicht optimal ist, dann wirst du langfristig gesundheitliche Probleme bekommen, wenn du deinen Körper zusätzlich auch noch ständig intensiven Trainingsstress aussetzt.

Viele halten intensives Zirkeltraining langfristig erst gar nicht durch. Und das ist auch gut so. Dass du irgendwann überhaupt keine Lust mehr auf ein hochintensives Training hast, ist nur der Selbstschutz deines Körpers, der dich vor noch mehr Unsinn bewahrt.

Image by Fitsum Admasu

Die Fehler bei der Übungsauswahl:

Mit Kraftausdauer-Workouts im Intervall bzw. Zirkeltraining trainiert man das Herz-Kreislauf-System. Der Puls geht extrem hoch, was viel Sauerstoff und damit auch viele Kalorien verbrennt. Dementsprechend müssen auch Übungen gewählt werden, bei denen man Vollgas geben kann. Da haben Muskelaufbau-Übungen, die man eigentlich langsam und kontrolliert durchführt, nichts zu suchen. Auf keinen Fall solltest du Liegestütze, Planks oder Crunches wählen. Auch Übungen mit Gewichten (Langhantel oder Kurzhanteln) wie Bizeps-Curls, Kreuzheben oder Kniebeuge und sämtliche Übungen am Kabelzug sind hier falsch.

Geeignete Übungen sind z.B. Mountain Climbers, High Jumps, Squat Jumps, Hampelmänner oder Sprints. Diese Übungen kannst du mit hoher Intensität fehlerfrei ausführen.

Beim Kraftausdauer-Training trainiert man auch keine spezielle Muskelgruppe, da es ein Cardio-Training ist. Wenn du bei YouTube ein 20 Minuten HIIT Workout für den Bauch findest, ist das einfach kein HIIT. Der Begriff lässt sich einfach nur gut verkaufen. Leider wissen es viele Fitness-YouTuber auch gar nicht besser.

Was das Krafttraining angeht, so machst du schon genug, wenn du dein „normales“ Muskelaufbautraining betreibst. Du brauchst kein Zirkeltraining, bei dem du so schnell wie möglich von einer Übung zur anderen hetzen sollst. Das ist für den Muskelaufbau eher kontraproduktiv.

 

Fazit: HIIT ist modern und klingt cool. Doch wo HIIT draufsteht, ist üblicherweise kein HIIT drin. Es verkauft sich bloß gut.

Um Kraft aufzubauen, empfehle ich dir ein Krafttraining, das auf dich und deine Bedürfnisse zugeschnitten ist. Um etwas für dein Herz-Kreislauf-System zu tun, empfehle ich dir ein ebenso individuelles Ausdauertraining in einer moderaten Intensität. Und sollte dein Ziel Fettverlust sein, so geht dies nur über ein Kaloriendefizit. Ich erstelle dir gerne deinen ganz persönlichen Plan um deine Ziele zu erreichen.   

Bei meinen Produktempfehlungen​ findest du weitere hochwertige Nahrungsergänzungsmittel, ganz ohne unnötige Zusatzstoffe.

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